Ein exotisches StudiumArtikel Baslerstab vom 26.9. 2005:
Osteuropa: fremde Länder, Sprachen und Kulturen – eine reiche Literatur – unendliche Weiten – eine vielfältige Geschichte und mythische Erzählungen. Das östliche Europa fasziniert seit eh und je. Auch deshalb strömten vor zehn Jahren die Erstsemester in das am Nadelberg gelegene Slavische Seminar. Russisch, Tschechisch, Kroatisch oder Ungarisch wollten sie lernen, in Geschichte und Kultur der jeweiligen Länder wollten sie eintauchen. Knapp 20 Studentinnen und Studenten hatten sich damals für den Bachelor-Studiengang Osteuropa-Studien im Wintersemester 2005/6 der Universität Basel eingeschrieben. Das hiesige Angebot hatte Pioniercharakter: Schweizweit war der Studiengang zur Vermittlung von Osteuropa-Wissen einmalig. In ihren Begrüssungsreden sprachen die Professoren Andreas Guski (Slavistik) und Heiko Haumann (Osteuropäische Geschichte) von einer guten Studienwahl – gerade das zusammenwachsende Europa benötige Osteuropa-Experten.

Dann ging es los. Interdisziplinär in enger Kooperation mit anderen Fächern wie der Soziologie, den Wirtschafts- oder Medienwissenschaften: Für alle begann der Russischunterricht und ein historischer Einführungskurs. Wenn manche der jungen Frauen und Männer bereits Sprachkenntnisse besassen, war allen der Kreditpunkt neu. Die Seminarräume wurden mit Fragen nach der Bedeutung dieser Studienwährung geflutet. Tagelang und manche Nacht fanden zuvor Sitzungen der verschiedensten Kommissionen statt. Hier wurden neue Lehrformate wie die zweisemestrige Länderkunde entwickelt, Kreditpunkte berechnet. Es war eine Aufbruchszeit am Nadelberg und im Hirschgässlein.

Im Jahre 2005 schloss die Einführung des Studiengangs auch einen Prozess der Konsolidierung ab. Das Slavische Seminar hatte sich erheblichen Sparmassnahmen zu beugen gehabt und erfand sich im Sommer neu. Erfindungsreiche Proteste und Demonstrationen der Studentenschaft hatten erheblich zur „Rettung“ des Seminars beigetragen, das 2004 vor der Schliessung durch die Universitätsleitung gestanden hatte. Der Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte rückte noch näher an das Slavische Seminar heran. Gemeinsam gestaltete man die Zukunft. Basel wurde zu einem Zentrum für die Erforschung des gesamten Osteuropas in der Schweiz ausgebaut. Der heutige Erfolg gibt den Überlegungen von einst Recht.

Zehn Jahre später blicken wir mit grosser Freude und ein wenig Stolz auf die zahlreichen Studiengruppen zurück, die hier bei uns ihre Abschlüsse machten. Wer von den Studenten in Basel blieb, wählte meist nach dem erfolgreichen Bachelor ein Master-Studium der Slavistik und Osteuropäischen Geschichte. Einige aus unserer „ersten Generation“ unterrichten nun schon selbst im Studiengang oder begannen ihre Tätigkeiten in Osteuropa. Nach Basel halten alle Kontakt: Der BA-Osteuropa-Studiengang schweisst zusammen.

Erfolgreich war nicht nur die Kreditpunktevergabe, auch die Revisionen der Studienordnung verliefen positiv und stets im Einklang mit den studentischen Anliegen. Vielfach änderten sich die Gesichter der Dozenten, aber immer blieb die Stimmung im Hause exzellent – die Betreuungssituation in den Sprachkursen und in den Seminaren ist einmalig gut; die Feste sind legendär. Mit Thomas Grob (Slavistik) und Frithjof Benjamin Schenk (Osteuropäische Geschichte) begannen vor kurzer Zeit zudem zwei junge Professoren mit der Ausbildung der Studentinnen und Studenten. Im Jubiläumsjahr ist der Studiengang personell bestens aufgestellt, die kommenden Studenten-Generationen zu erwarten.

Osteuropa hat in den letzten zehn Jahren nichts an seiner Faszination verloren – im Gegenteil. Alle, die sich einen sprachlichen und historischen Einblick in die Grossregion verschaffen wollen, sind in Basel sehr gut aufgehoben. Stossen wir an auf die nächsten zehn Jahre!

Die ehemaligen „hauptamtlichen“ Dozentinnen und Dozenten seit Einführung des Studiengangs:

Geschichte: Heiko Haumann, Julia Richers, Carmen Scheide, Anina Schaffroth, Thomas Bürgisser, Laura Polexe, Nadine Freiermuth, Ivo Mijnssen,

Slavistik: Andreas Guski, Sabine Dönninghaus, Andrea Zink, Barbara Wurm, Ilja Karenovics, Silvia Althaus, Elisabeth Goslicka, Markus Giger, Raphael Rast.