1. Wie heißt Du und wo wohnst Du heute?
Basel: Carla und Simon; Brüssel: Lea; Stuttgart: Jan; Warschau: Simon; Zürich: Luca
2. Wo arbeitest Du; was tust Du?
Was man da so tut? Bücher lesen, russische Handschriften entziffern, für Konferenzen oder so durch die Welt fliegen, Archivmenschen mit Schokolade bestechen, im Büro sitzen und schreiben (oder mit den Bürogenossen plaudern), im Moskauer Winter frieren, sich freuen über schöne Quellenfunde…, ja und noch viel mehr!
Nachdem ich fertig studiert habe, wurde ich zuerst mal Studierendenvertreterin. Seit Juni 2014 bin ich im Vorstand der European Students‘ Union und habe mich bisher nebenher als Sekretärin in Bern über Wasser gehalten. Ab Juli 2015 bin ich Vizepräsidentin der ESU und werde Profi in Brüssel für ein Jahr. Nachher suche ich mir dann vielleicht einen vernünftigen Job.
3. Wie reagieren die Leute, wenn du erzählst, was Du studiert hast?
- Ein bisschen angenehmer als wenn ich sage, dass ich in sowas jetzt auch noch doktoriere.
- Sie denken irrtümlicherweise, dass man dadurch schon zum inneren Machtzirkel des Kremls zähle. Und sie gehen davon aus, dass man alle Sprachen östlich der Oder beherrsche. Östlich der Weichsel beginnen bei einigen dann die ersten landeskundlichen Unsicherheiten. Da kann man helfen. Generell reagieren die Leute aber äusserst interessiert.
- Irritiert bis positiv.
- In der Regel fragen sie mich, ob denn meine Eltern von „da“ seien. Als nächstes wird dann meist gefragt, was man damit so wird, worauf ich von allen meinen Studienkollegen erzähle, die ganz verschiedene Wege eingeschlagen haben.
- Mischung aus Mitleid, erotischer Hingabe und chinesischen Beschwichtigungsritualen.
4. Hast Du Krieg und Frieden ganz gelesen?
5. Wie sahen Deine Zukunftspläne aus, als Du begonnen hast zu studieren? In welchem Beruf sahst Du Dich nach dem Studium?
- Relativ trivial: Wohl in einem Unternehmen oder einer Organisation mit einem Tätigkeitsfeld in Osteuropa. Aber ehrlich gesagt: Wenn ich zu diesem Zeitpunkt eine bestimmte Berufsvorstellung gehabt hätte, hätte ich mich nicht für dieses Studium entschieden. Sich auf das Neue einzulassen, ist schliesslich auch ein Bestandteil dieses Studiums.
- Das weit entfernteste Ziel in der Zukunft war der Studienabschluss. Insofern sah ich mich nirgends und überall.
- Ich wollte in die Wissenschaft/Lehre.
- Ich war mir weder damals noch heute so recht sicher. Ich habe tatsächlich einfach angefangen zu studieren, weil es mich interessiert hat, und nicht weiter überlegt, was daraus werden sollte.
6. Gibt es ein Erlebnis/eine Lehrveranstaltung/eine Person/ein Thema, das Dir aus Deinem Studium besonders in Erinnerung geblieben ist?
- Unvergesslich ist und bleibt mein allererstes Proseminar in meinem allerersten Semester: Einführung in die Literaturwissenschaft. Bis heute ist es mir ein Rätsel, wie Ilja derart viel Stoff in derart wenig Zeit behandeln konnte. Mir war nach jeder Sitzung schwindlig 🙂 Aber ich habe mich bereits wieder auf die nächste Woche gefreut!
- Ja, viele. Amüsant auf eine skurrile Art war der letzte Besuch im Polenmuseum in Rapperswil. Der Referent empfing uns mit den Worten: „Normalerweise mache ich an dieser Stelle eine kurze Einführung in die Geschichte Polens der letzten zwei Jahrhunderte. Aber da ich heute ja Leute vom Fach vor mir habe, … kann ich ja etwas weiter ausholen.“ Wir erfuhren so viel über Mieszko I., dass für den Ausstellungsbesuch kaum mehr Zeit blieb.
- Jörn und die Ukraine.
- Übung zu den „Turns“ in den Geschichtswissenschaften bei Julia Richers (Über Sinn und Zweck historischer Pirouetten). Das war die Lehrveranstaltung in meinem Studium, bei der ich am meisten gelernt habe.
- Fachgruppe
- Junost-Konferenz
- Slavsemfeste
- HiWi sein und Kaffeepausen mit Elisabeth
- Kirgistan-Exkursion, Baustellen und devushka s bormasinom
- Arbeiten schreiben zu später Stunde in der Slavsembibliothek
- Das Reiseberichte-Proseminar, in dem ich gemerkt habe, dass nicht alles vor der Russischen Revolution langweilig war
- Die Einführungsseminare in die Filmwissenschaften und die darauffolgende anhaltende Vorliebe für novi val/crni talas
- die OEG-Kolloquien
7. Welches Kostüm hast Du an einem Slavsemfest getragen?
- Eine Arbeiterhose und -jacke, blau, mit Mütze – und das mehrfach zu unterschiedlichen Themen: Als vorrevolutionärer Bauer, wohl auch als sozialistischer Arbeiter und einmal sogar als kosmonautischer „bordmechanik“.
- Einmal mussten wir uns ganz schrecklich auftakeln, das Motto weiss ich gar nicht mehr. Ich erinnere mich nur an die Blicke der Passanten, als wir in einer kleinen Gruppe per Tram durch halb Basel Richtung Slavsem gefahren sind.
- Verschiedene. Am besten gefielen mir ein speziell gezüchteter Schnauz und der weisse Anzug.
- Ich glaube, ich habe mich nie verkleidet.
- Am lebhaftesten in Erinnerung ist mir das Balkan-Trash-Fest (so etwa 2008) – keine Ahnung mehr, was ich genau anhatte, aber riesige Ohrringe waren dabei und es war unglaublich hässlich.
8. Hast Du bei diesen Festen „Beton“ kennengelernt?
- Nein, aber ich war im Jan-Becher-Museum, dessen einzige Attraktion eine wenig erquickende Degustation ist. Als halber Tschechien-Experte weiss ich jedoch, dass man gut beraten ist, in dieser Region beim Bier zu bleiben.
- Nein oder ich kann mich nicht dran erinnern – was mich gerade etwas verwundert, da ich weder als Feste-Schwänzerin noch als Früh-Geherin noch als Wenig-Trinkerin bekannt war.
9. Wie heißt der schönste Ort Osteuropas?
10. Was wünschst Du dem Studiengang zu seinem Jubiläum?
- Weitere 10 tolle Jahre!!
- 10 Jahre sind zu wenig, um ansatzweise Osteuropa zu buchstabieren, geschweige denn diesen Raum in seiner Breite zu erfassen. Also wünsche ich Dir, lieber Studiengang, weitere Jubiläen und natürlich auch weiterhin grösste öffentliche Wertschätzung.
- Weitere 10 Jahre voller – in anderen Fächern und Unis unerreichter – Energie!
- immer viele begeisterte Studenten und Studentinnen
- Motivierte Studierende, die nicht nur mitmachen, sondern auch anreissen. Ein gutes Verhältnis zwischen Dozierenden und Studierenden. Genug Studierende, um sicher bestehen zu bleiben, aber nicht solche Massen, um den Charme zu verlieren. Und genug Geld.
11. Kommentare/Erlebnisberichte/usw.
Der berüchtigte S.K.S.S.U.B. hat nicht nur Knochen geprellt oder gebrochen, sondern zuweilen auch etwas Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Osteuropa geleistet. Solange es noch im Äther zu finden ist, hier das Regionaljournal über den Lenincup 2012 (man höre aufmerksam ab Minute 19:50 / 21:40): http://www.srf.ch/sendungen/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/guttannen-muss-30-personen-umsiedeln