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Stellungnahme von Prof. Dr. Sabine Dönninghaus
Assistenzprofessorin
für Slavische Sprachwissenschaft
am Slavischen Seminar
Als Nachwuchswissenschaftlerin und Humboldtianerin,
die sich erst im vergangenen Jahr in Slavischer Sprachwissenschaft
an der Universität
Basel habilitiert hat und mit Recht von sich behaupten kann, bisher einen
wesentlichen Beitrag zur Qualität der Lehre in der Slavistik und
auch Allgemeinen Sprachwissenschaft geleistet zu haben, fühle ich
mich ganz persönlich von dem Entscheid des Universitätsrats
getroffen. Die vom Universitätsrat vorgeschlagene Schliessung des
Slavischen Seminars ist aber nicht nur für mich selbst ein grober
Einschnitt, sondern auch für die Schweizer Slavistik insgesamt.
Die Universität Basel wird ihr Profil nicht verbessern, wenn sie
die Slavistik aufgrund von Umverteilungen finanzieller Mittel zugunsten
anderer Fachbereiche einfach beseitigt. Das Slavische Seminar hat innerhalb der vergangenen
Jahre mehrfach gezeigt, dass es wettbewerbsfähig ist und einen notwendigen und wichtigen
Standort innerhalb der Schweiz bildet. Die Slavistik der Universität
Basel kann auf eine längere wissenschaftliche Tradition zurückblicken
als andere Schweizer Slavistiken und hat allein aus diesem Grunde eine
Existenzberechtigung. Die neueren fremdsprachlichen Philologien der Universität
Basel sind ohne die Slavische oder Russische Philologie unvollständig
vertreten. Das Angebot im Bereich "Fremdsprachenphilologien" (Anglistik,
Hispanistik, Nordistik etc.) und Philologie insgesamt wird durch eine
Schliessung des Slavischen Seminars in seiner Qualität und Vielfalt
erheblich eingeschränkt.
Ist die Slavistik/Russistik wichtig für die Region Basel
?
Das Slavische Seminar der Uni Basel bildet einen bedeutenden
Standort in der Westschweiz, da es erstens Tradition hat und zweitens
einen Anziehungspunkt für Studierende des EUCOR-Verbandes darstellt, vor allem für Studierende
der Slavistik/Russistik aus Freiburg im Breisgau. Das Argument, man könne
Slavistik/Russistik durchaus auch in Freiburg studieren und der Standort
Basel sei daher überflüssig, ist nicht stichhaltig, denn zwischen
Freiburg und Basel bestehen erhebliche Unterschiede in den Forschungsschwerpunkten
und den Schwerpunkten in der Lehre, so dass sich beide Seminare eher sinnvoll
ergänzen als dass eines das andere überflüssig macht. Nur
die wenigsten MaturandInnen der Kantone Basel Land und Basel Stadt werden
auf andere Slavistik-Seminare in der Schweiz ausweichen, sollte der Standort
in Basel vernichtet werden. Die Schliessung des Slavischen Seminars hat heute
noch nicht absehbare, aber mit Sicherheit negative Folgen für die Slavische
Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft insgesamt.
Ist die Basler Slavistik mit anderen Fachbereichen der Uni Basel
vernetzt und ist sie für das universitäre Angebot in der Schweiz
von Bedeutung?
Innerhalb der für die Umsetzung der Bologna-Reform geplanten
Studiengänge ist die Slavistik mit den "Osteuropawissenschaften" und
der "Allgemeinen Sprachwissenschaft" bzw. "Sprach- und Kommunikationswissenschaft" verflochten.
Sprachwissenschaftliche Veranstaltungen des Slavischen Seminars werden seit
mehreren Jahren zunehmend auch von Studierenden der Allgemeinen Sprachwissenschaft
besucht. Eine Schliessung des Slavischen Seminars würde daher auch die
Qualität des geplanten Studiengangs "Sprach- und Kommunikationswissenschaft" mindern
und seine Vielfalt einschränken. Attraktiv ist der Standort Slavistik
Basel darüber hinaus für Studierende aus Freiburg im Breisgau,
die nachweislich verstärkt Veranstaltungen am Slavischen Seminar belegen,
allerdings in keiner Statistik der Universität Basel erfasst werden
(Auf diesen Mangel hatte ich das Rektorat bereits im Jahr 2003 aufmerksam
gemacht). Schweizweit ist die Basler Slavistik ausserdem in der Ausbildung
von Doktorierenden vernetzt.
Ist die Basler Slavistik im nationalen und internationalen
Umfeld attraktiv und konkurrenzfähig ?
Die Basler Slavistik ist nachweislich attraktiv. Wir verfügen über
ein sehr gutes Betreuungsverhältnis sowie eine anhand von Evaluationen
durch Studierende belegbare hohe Qualität in der Lehre. Auch in
der Forschung kann die Basler Slavistik aufgrund einer ganzen Reihe
von Projekten gerade in der jüngsten Vergangenheit wertvolle Resultate
vorweisen.
Am Slavischen Seminar in Basel waren bisher stets
international anerkannte Dozierende tätig, die heute Lehrstühle in Wien, Klagenfurt
(A) und Leiden (NL) innehaben. Die MitarbeiterInnen des Slavischen Seminars
pflegen intensive Kontakte mit anerkannten und hochrangigen Fachkollegen
und Nachwuchswissenschaftlern im In- und Ausland. Das Slavische Seminar
wäre in Zukunft sowohl national als auch international durchaus
konkurrenzfähig.
Wie werden die Entwicklungschancen des Slavischen Seminars
eingeschätzt ?
In den vergangenen Jahren waren die Studierendenzahlen der
Basler Slavistik sehr stabil. In jüngster Zeit zeigen sie sogar
einen Aufwärtstrend, der wesentlich durch die gute Qualität
in Lehre und Forschung mitbegründet ist. Im Hinblick auf die politischen
Prozesse im geographischen Raum Europa ist die Ausbildung von Fachleuten
mit Kenntnissen der Kultur, Literatur, Sprache, Mentalität und
historisch-politischen Situation essentiell für die Sicherung
und Qualität des Wirtschafts- und Forschungsstandorts Schweiz.
Die Entwicklungschancen der Basler Slavistik werden angesichts der
Entwicklungen im osteuropäischen, mittel- und südosteuropäischen
Raum positiv eingeschätzt. Die MitarbeiterInnen leisten mit minimalen
Mitteln hervorragende Arbeit und tragen so zu maximalem Ertrag bei.
Das Slavische Seminar weist, bezogen auf die Zahl der Studierenden,
hohe Abschlussquoten auf (Lizenziate, Promotionen). Die Qualität
des Seminars reflektiert auch die vergleichsweise grosse Zahl der Habilitationen
in der jüngsten und jüngeren Vergangenheit. In naher Zukunft
wird die Basler Slavistik ihre Vernetzung mit anderen Schweizer slavistischen
Institutionen und Seminaren noch verstärken; entsprechende Projekte
zur Vernetzung sind bereits entworfen bzw. angelaufen. Weitere wissenschaftliche
Projekte in internationaler Kooperation sind bereits in der Planung
fortgeschritten oder laufen gerade an.
Wie hoch ist das Sparpotenzial bei einer Reduktion der Basler Slavistik
?
Das Sparpotenzial bei einer Schliessung der Basler Slavistik
ist sehr gering. Durch schmerzhafte Einschnitte im Lektorat (z.B. Abschaffung
des Polnischen und der Polnischen Sprach- und Literaturwissenschaft) und
den Verlust einer halben wissenschaftlichen Assistentenstelle haben wir bereits
Vorleistungen in der Einsparung von Mitteln erbracht. Im Vergleich zu anderen
im Bericht des Unirats genannten Bereichen der Uni Basel ist die Slavistik
ein äusserst kostengünstiger Bereich. Der Entscheid über eine
Schliessung des Seminars aus finanziellen Gründen ist daher nicht nachvollziehbar
und erscheint vollkommen willkürhaft. Wir benötigen weder komplizierte
und teure Apparaturen, noch besondere Ausrüstungsgegenstände, sondern
lediglich einige Computer ohne teures Zubehör und Bücher sowie
ein-zwei Büros.
Welche Möglichkeiten der Zusammenarbeit oder der Zusammenlegung
besteht in einem Bereich innerhalb der Universität und in Zusammenarbeit
mit anderen Universitäten ?
Die fachlich sinnvollen und nützlichen Möglichkeiten der
Zusammenarbeit mit anderen Bereichen der Universität Basel und anderen
Schweizer Universitäten werden bereits seit Jahren intensiv genutzt:
Kooperation und Vernetzung mit der Osteuropäischen Geschichte; schweizweite
Graduiertenausbildung in Osteuropäischer Geschichte, Slavischer Literatur-
und Sprachwissenschaft; Kooperation mit den Basler Sprachwissenschaften (z.B.
Arbeitskreis Allgemeine Sprachwissenschaft; Ringvorlesung Linguistik WiSe
2003/04). Eine Möglichkeit der Zusammenlegung mit anderen Schweizer
Universitäten besteht nicht, da die Basler Slavistik besondere fachliche
Schwerpunkte hat.
Gemäss der vom Universitätsrat am 30.10.2003 verabschiedeten Kriterien
1.-8. zur Diskussion des Fächerangebots an der Universität Basel
bleibt abschliessend festzustellen: Die Basler Slavistik ist wichtig für
die Identität der Universität Basel. Sie ist ausserdem relevant für
die Region Basel. Ihre universitätsinterne Vernetzung ist ausserordentlich
gut. Der Bereich Slavistik ist attraktiv und konkurrenzfähig, hat langfristig
gute Entwicklungschancen und ein geringes Sparpotenzial. Die Basler Slavistik
erfordert keinerlei finanziellen Mehrbedarf. Mit "natürlichen Fluktuationen" ist
es nicht getan. Es sind persönliche Existenzen gefährdet. Die nationale
und internationale Reputation der Mitarbeiter und Dozierenden des Slavischen
Seminars ist durch den Entscheid des Unirats vom 22.01.2004 ohnehin bereits
jetzt massiv geschädigt.
Mit der Abschaffung der Basler Slavistik werden den Studierenden die Möglichkeiten
zur allseitigen Bildung zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit beschnitten.
Haben wir uns schon so weit vom Humboldtschen Konzept entfernt ? Die Vorschläge
des Universitätsrats scheinen Teil eines grösseren Konzeptes zur
globalen Umgestaltung der Hochschullandschaft Schweiz und ihres Profils zu
sein, die mit einem Abbau der Geisteswissenschaften am Standort Basel einhergehen
soll.
Ich bitte die Universitätsleitung um eine Überprüfung der Angelegenheit
und um die langfristige Erhaltung und Unterstützung des Slavischen Seminars
der Universität Basel.
Basel, April 2004
Sabine
Dönninghaus
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