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Brief von Prof. Dr. W. Eismann (Graz) an Rektorat und Unirat

 

Sehr geehrte Herren,

Mit Bestürzung und großer Sorge habe ich von dem Beschluss des Baseler Universitätsrates erfahren, die Slawistik in Basel aufzugeben. Als Slawist und Gutachter, der an mehreren Evaluationen seines Faches in der Schweiz teilgenommen hat (1996/97 im Rahmen der Evaluation der Geisteswissenschaften in der Schweiz; 1999 Genf, Lausanne) und daher die Verhältnisse in der Baseler und Schweizer Slawistik sehr gut kennt, bitte ich Sie darum, alles in Ihren Kräften Stehende zu tun, um diese Entscheidung rückgängig zu machen. Mein Ansinnen ist nicht von Fachegoismus geprägt. Vielmehr möchte ich die folgenden überprüfbaren und hoffentlich nachvollziehbaren Argumente für den Erhalt der Slawistik in Basel ins Feld führen.


• Die Slawistik in Basel genießt national und international einen hervorragenden Ruf. Das lässt sich an den Publikationen der Baseler Institutsmitglieder und deren Aufnahme in den entsprechenden Fachorganen überprüfen. Im Verhältnis zur Größe des Instituts (Anzahl der Institutsmitglieder) wurde und wird hier unter schwierigen Bedingungen (und das betrifft auch die Lehre) Hervorragendes geleistet. Ein Indiz dafür ist auch die Anzahl der Baseler Absolventen, die national und international Karriere gemacht haben.


• Die EU befindet sich in einem Erweiterungsprozess, an dem vornehmlich slawische Länder beteiligt sind. Die kulturellen und ökonomischen Perspektiven, die sich dabei auch für die Schweiz auftun, sollte man nicht vernachlässigen. In der Universität kommt hier der Slawistik eine besondere Rolle zu, die weit über deren Fachgrenzen hinausgeht. Zudem gibt es in Basel bereits eine fruchtbare Zusammenarbeit der Slawistik mit der Osteuropäischen Geschichte. Die geplanten Osteuropa-Studien scheinen gerade zum jetzigen Zeitpunkt notwendig und perspektivenreich.


• Bereits bei der Evaluation in den Jahren 1996/97 ist deutlich geworden, dass die Slawistik im Angesicht der Ressourcenknappheit in ihrer notwendigen Vielfalt in der Schweiz nur überleben kann, wenn es eine Kooperation der Institute über die Standorte und die Kantonsgrenzen hinweg gibt. Der von den Gutachtern für Basel geforderte Lehrstuhl für slawistische Linguistik (aus Bundesmitteln zu finanzieren), ist leider nicht eingerichtet worden. Dennoch haben die Institute in ihrer Planung die Empfehlungen zur Kooperation berücksichtigt. Diese Kooperation ist unverzichtbarer Bestandteil einer gesamtschweizerischen Arbeitsteilung, die von großer Relevanz für die MA- und Postgraduiertenausbildung ist. Das Institut in Basel hat hier eine ganz konkrete Arbeitsteilung mit Zürich, und darüber hinaus ist eine stärkere Kooperation mit Bern in Planung.


• Ich habe im letzten Jahr die Slawistik in Baden-Württemberg evaluiert, weil dort von der Politik unter starkem ökonomischem Druck eine Reduzierung der Standorte und eine Konzentration des Faches an einer oder an zwei Universitäten verlangt wurde. Die auf den ersten Blick sinnvoll erscheinende Forderung, das Fach an ein oder zwei Standorten zu konzentrieren und damit an diesen Standorten auch auszubauen, wurde von den Gutachtern nach sorgfältiger Prüfung abgelehnt. Wichtige Gründe, die von den Rektoren der Universitäten ins Feld geführt wurden, waren die Bedeutung des Faches für die Gesamtuniversität, aber auch die Verzahnung mit in- und ausländischen Universitäten. Hier wurde auch deutlich, dass es eine Kooperation von Freiburg i.Br. über die Landesgrenzen hinweg mit Basel gibt, die offenbar gut funktioniert und eher ausgebaut werden sollte. Es existieren gewachsene Strukturen in der Schweiz und über die Schweiz hinaus, die man mit der Aufgabe der Slawistik in Basel zerstören würde. Der langfristige Schaden wäre bei einem Verzicht auf die Slawistik in Basel also wesentlich höher als der kurzfristig erhoffte Nutzen.

Das Institut in Basel gehört zwar nicht zu den ältesten im deutschsprachigen Raum, hat aber eine sehr respektable Geschichte. An die historische Bedeutung Basels für die Beziehungen zu Osteuropa muss ich Sie als Repräsentanten des Kulturlebens nicht erinnern. Vielleicht ist Ihnen aber der Symbolwert nicht gegenwärtig, den eine Streichung des Faches Slawistik in einem relativ reichen Land und Kanton für die Länder Osteuropas zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat - Länder, die in einer für sie äußerst schwierigen ökonomischen und politischen Situation ihre Zugehörigkeit zu Europa demonstrieren, das sich nun weniger oder gar nicht mehr mit ihnen und ihrer Kultur auseinandersetzen will.


Vor dem Hintergrund dieser Argumente bitte ich Sie nochmals, Ihren Beschluss zu überdenken und die Aufhebung der Slawistik in Basel rückgängig zu machen.

Prof. Dr. Wolfgang Eismann

Karl-Franzens-Universität Graz

 

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