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Brief von Prof. Dr. Helmut Jachnow (Bochum) an den Rektor

 


Sehr geehrter Herr Rektor,

es ist seit einiger Zeit an den deutschen Hochschulen Usus geworden, im Rahmen von Evaluationen, Qualitätspakten und strukturellen Flurbereinigungen besonders die Geisteswissenschaften mit dem sich immer wiederholenden Hinweis auf die notwendigen Verbesserung der Studieneffizienz, auf Ökonomisierungszwänge und neue gesellschaftliche Grundanforderungen zu reduzieren. In letzter Zeit münden solche Reduzierungen nicht selten in die Schließung entsprechender Fachrichtungen.

Wesentliche Veränderungen in Struktur und Aufgabendefinition der Hochschulen sind ohne wenn und aber erforderlich, und daran wird intensiv gearbeitet. Fächer jedoch nach dem Motto „je weniger Studierende, je weniger Lehrpersonal, je weniger Chancen auf einträgliche Drittmitteleinwerbung, desto verzichtbarer sind sie", abzuschaffen, zeugt von einer Hochschulpolitik, die den verhängnisvollen Trend zur total vermarkteten Universität bereits inter-nalisiert hat und danach handelt.

Mit großer Bestürzung muß die internationale Fachwelt nun feststellen, daß sich die Schweiz offenbar auf den gleichen verhängnisvollen Weg begibt, ohne die essentiellen Konsequenzen für die Gesellschaft zu bedenken, die sich für sie aus der Minimierung bestimmter Geisteswissenschaften auf Dauer ergeben. Europa - auch die Schweiz wird davon betroffen sein - wird sich in wenigen Jahrzehnten in soziopolitischen und kulturellen Konstellationen wiederfinden, die dringend Fachleute für die unterschiedlichsten Aufgabenbereiche mit Osteuropabezug erfordern. Wie werden wir dann reagieren? Der richtige Weg wäre, die Osteuropawissenschaften neu durchdacht und strukturiert zu stärken und landesweit mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung zu koordinieren.

Ich habe zunächst, sehr geehrter Herr Rektor, gezögert, diesen Brief zu schreiben, da ich befürchtete, damit ein Dokument deutscher Besserwisserei zu liefern. Weil ich die Wissenschafts- und Kulturpolitik im eigenen Lande aber gleichermaßen kritisch sehe, internationale Solidarität zwischen den Wissenschaftlern bislang noch viel zu wenig geübt wird und wir alle - organisiert oder nicht - im "europäischen Boot" sitzen, habe ich mich entschlossen, Sie zu bitten, Ihren Schritt noch einmal zu überdenken. Im übrigen darf ich anmerken, daß die Basler Slavistik auch im Ausland einen vorzüglichen Ruf genießt und ihre Eliminierung einer Selbstamputation des Schweizer Leistungsparadigmas auf dem Gebiet der Humanwissen-schaften gleichkäme.


Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Helmut Jachnow

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