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Protest-Memo der Leipziger Slavistik · FR Westslavistik gegen die Abschaffung der Slavistik und Bohemistik an der Universität Basel


Magnifizenz, sehr geehrter Herr Präsident des Universitätsrats,

mit Bestürzung haben wir davon erfahren, dass die Leitung der Universität Basel offenbar entschlossen ist, die Slavistik und damit auch die Bohemistik am Institut für Slavistik der Universität Basel abzuschaffen. Wir halten dies, mit Verlaub, für eine eklatante Fehlentscheidung, die weder in die Entwicklung einer modernen Wissenschaftslandschaft im europäischen und weiteren internationalen Rahmen passt, noch den strukturellen Voraussetzungen und Vernetzungen der Geisteswissenschaften an dieser traditionsreichen schweizer Universität und im Lande entspricht.

Wenn man bedenkt, dass die Veränderung der Fächerstruktur nicht nur an der Universität Basel vor dem Hintergrund der Beschlüsse von Bologna in Gang gebracht wird, ist es in höchstem Maße befremdlich, dass dadurch ausgerechnet ein solches Fach von eminent europäischer Dimension mit der Liquidierung bedroht wird. Verbesserung der europäischen Fächerkompatibilität, länderübergreifende Transparenz und Akzeptanz der Abschlüsse, Erhöhung der Mobilität der Studierenden, dies sind wichtige Ziele des Bologna-Prozesses, deren Umsetzung auch die Universität Basel zu einer bedeutenden Adresse für Geisteswissenschaften für die Zukunft qualifizieren sollten. Gerade Geisteswissenschaften sind in hohem Maße auf Wissensaustausch und fachlich komplementäre Strukturen an ihrem Standort und darüber hinaus angewiesen. Die Baseler Slavistik hat dafür bei hoher Ressourcenkonzentration und Vernetzung mit der Osteuropäischen Geschichte unter der Leitung des weit über die Schweiz hinaus renommierten Slavisten Andreas Guski mit großen Anstrengungen sehr gute Voraussetzungen geschaffen. Sie haben ihren Niederschlag in einem qualitativ hervorragenden Forschungsoutput und ansehnlichen Belegzahlen seitens der Studierenden.

In Anbetracht der Öffnung Europas gegenüber Ostmittel- und Osteuropa fällt es uns schwer, die Liquidierung gerade derjenigen Disziplinen an Ihrer Universität zu begreifen, deren Aufgabe es ist und bleiben sollte, den dringend benötigten hochqualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchs auszubilden, dessen Fachgebiet Sprache, Literatur und Kultur eines wichtigen Segments der Slavia und nicht zuletzt auch des EU-Beitrittslandes Tschechien ist. Die Polonistik ist in Basel schon, kulturpolitisch abwegig genug, der profilbildenden Konzentration geopfert worden, mit Blick auf in Zürich und Fribourg vorhandene Kompetenzen. Dass nun auch noch das effizient vertretene slavistische Fachsegment einschließlich Bohemistik in Basel dem Rotstift geopfert werden sollte, ist nicht nachvollziehbar. Ein Aus für die Slavistik und damit auch die Bohemistik in Basel bedeutet das Verschwinden dieser Disziplin in der Schweiz.

Eine Ausgrenzung der Slavistik und Bohemistik ist ihrer Funktion innerhalb der modernen Geisteswissenschaft ebensowenig adäquat wie ihrer akademischen, kulturvermittelnden und politischen Bedeutung. Der wissenschaftliche, aber auch kulturpolitische Flurschaden stünde in keinem Verhältnis zum Einspareffekt.

Die Annullierung der Baseler Slavistik und damit auch der Bohemistik als wichtige Komponenten der universitären Fachkultur im deutschsprachigen Bereich wäre generell gegenüber den slavischen Kulturen und gegenüber Tschechien im Besonderen hochgradig schädlich.

Eine leistungs- und konkurrenzfähige Geisteswissenschaft kann auch am Standort Basel nicht auf die Slavistik verzichten, zumal das Baseler Seminar eine komplementäre Ergänzung zu den übrigen Slavistiken in der Schweiz und in Grenznähe bietet. Die Zerstörung dieser Disziplin in Basel bei ohnehin wenigen Standorten in der Schweiz wäre nicht nur ein schwerer Schlag für das Fach überhaupt, sondern auch gegen die nach der politischen Wende in Ostmittel-, Ost- und Südosteuropa zusammen mit den Slavistiken verstärkt weiter zu entwickelnde Wissenschaftskultur und gegen die dazu unverzichtbaren Kooperationskapazitäten.

Ein Rückfall in das ebenso obsolete, wie kulturell abseitige und ignoranzbehaftete Vorurteil „slavica non leguntur“ würde all dem den Boden zu entziehen, wenn die Universität bei Ihrer Absicht bleiben sollte. Die eigentliche Bologna-Idee würde damit in Basel allenfalls ins Absurde verkehrt.

Wir ersuchen Sie eindringlich, den Schließungsbeschluss aufzuheben und wünschen der Universitätsleitung dazu den gebotenen Sachverstand und die nötige Weitsicht. Wir sind sicher, dass Sie in Ihrem Slavischen Seminar die kompetenten Ansprechpartner finden, die bereit sind, mit der Profilierung ihrer Disziplin im Sinne des Bologna-Prozesses und der Qualitätssicherung ihren Beitrag zu einer zukunftsfähigen geisteswissenschaftlichen Fächerstruktur der Universität Basel zu leisten. Wir möchten Sie bitten, den Dialog dazu zu führen.

Mit freundlichen Grüßen


Prof. Dr. Wolfgang F. Schwarz

Universität Leipzig, Institut für Slavistik
Fachrichtung Westslavistik


Prof. Dr. Danuta Rytel-Kuc

Universität Leipzig, Geschäftsf.
Direktorin des Instituts für Slavistik

 

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