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Die Kompetenzen des Universitätsrates
Kritische Anmerkungen zum Bericht des Universitätsrates

von Prof. Dr. Karl Pestalozzi

 

Am Anfang des Berichts des Universitätsrates steht ein beherzigenswerter Hinweis auf die Teilung der Verantwortung innerhalb der Leitungsorgane der Universität: «Der Universitätsrat ist zwar dafür verantwortlich, in Absprache mit den Trägerkantonen die finanziellen und organisatorischen Bedingungen zu schaffen, welche es der Universität ermöglichen, gute Leistungen zu erbringen. Die Qualität von Lehre und Forschung aber, die Verbesserung der internen Prozesse und Strukturen, der ‹Geist› der sie beseelt, sind aber Sache der Universität und ihrer Organe selber.» (S. 5) Es gehört zu den Ungereimtheiten dieses Berichts, die berechtigten Anstoss erregen, dass er sich im Weiteren nicht an die hier proklamierte Arbeitsteilung hält, sondern unter dem Titel einer «Portfolioanalyse» aufs extensivste inhaltliche Feststellungen trifft und fächerbezogene Massnahmen ankündigt. So wird – ein Detail – der philosophisch-historischen Fakultät verordnet, dass sie ein Departement «Gesellschaftswissenschaften» zu schaffen und die Islamwissenschaften stärker religionswissenschaftlich auszurichten und der Theologischen Fakultät zuzuschlagen habe. Das mögen ja beherzigenswerte Überlegungen sein, aber sie gehören nicht in den Kompetenzbereich des Universitätsrates. – Dessen radikalste Absichten betreffen bekanntlich die Schliessung einzelner Fachgebiete resp. Studiengänge. Damit widerspricht der Bericht seiner zutreffenden späteren Feststellung (S. 8), dass es sich bei Schliessungen stets um Massnahmen handeln würde, die in kommenden besseren Zeiten nicht mehr korrigierbar wären. Tatsächlich hat die Universität bisher immer darauf geachtet, auch bei unumgänglichen Kürzungen den Kernbestand eines Faches zu erhalten, damit unter günstigeren Bedingungen wieder darauf aufgebaut werden konnte. So hat man beispielsweise die Slawistik in der ersten Sparphase in den siebziger Jahren behandelt und damit die spätere, glänzende Restitution des Faches ermöglicht. Auch manch andere der nun zur Schliessung vorgeschlagenen Studiengänge haben periodisch solche Dürrezeiten überstanden und sind darnach wieder neu aufgeblüht. So konnte auch verhindert werden, dass die z. T. teuren Investitionen in Bibliotheken und Apparate fortan als ungenutztes, totes Kapital herumlagen. Es ist nicht einzusehen, weshalb man diese Erfahrungen in den Wind schlagen soll.

 

Anfechtbarer Bericht

Doch nicht nur solche inneren Widersprüche machen den Bericht des Universitätsrates höchst anfechtbar. Wesentlicher scheint mir, dass der Universitätsrat mit seinen Vorschlägen zu einzelnen Fächern eindeutig seine ihm von Gesetz und Statut übertragenen Kompetenzen überschreitet. Zwar beruft er sich darauf, das Universitätsgesetz habe ihm neben den – unbestrittenen – Kompetenzen der Festlegung der strategischen Schwerpunkte und der Verantwortung für die Finanzierung auch diejenige «für die Schaffung und Schliessung von Fächern übertragen» (S. 7). Das bezieht sich wohl auf § 9,6 des Universitätsgesetzes, wo es heisst: «Er entscheidet über die Schaffung und Aufhebung von Studiengängen.» resp. § 9, 8, über «die Schaffung neuer und die Aufhebung bestehender Ordinariate». Tatsächlich ist der Universitätsrat laut § 7 «oberstes Entscheidungs- und Aufsichtsorgan der Universität». «Oberstes» – das bedeutet aber doch wohl, dass er solche Entscheidungen nicht nach abgeschotteten eigenen Überlegungen trifft, sondern auf Antrag der «unteren», d. h. universitätsinternen Instanzen, des Rektorats, das seinerseits die Spitze der inneruniversitären Entscheidungspyramide darstellen soll.

 

Völlig andere Sprache

Das geltende «Statut» hält denn auch hinsichtlich der Aufgaben des Rektorats fest: «…ist in Zusammenarbeit mit den Fakultäten verantwortlich für die Schwerpunktplanung in Lehre und Forschung zuhanden des Universitätsrats» (§ 9f) resp. «beantragt dem Universitätsrat die Schaffung neuer oder die Aufhebung bestehender Studiengänge» (§ 9r). Wie die früheren Aufsichtsgremien der Universität, die er beerbt hat – Kuratel, Erziehungsrat, Erziehungsdepartement, Regierung – hat auch der Universitätsrat die Aufgabe, die entsprechenden Anträge, die aus der Universität kommen, abschliessend zu beurteilen, d. h. zur Umsetzung freizugeben oder aber zurückzuweisen. Es ist nicht bekannt, dass den Schliessungsentscheidungen entsprechende Anträge zugrunde lägen.

Gewiss schliesst diese Funktionsteilung nicht aus, dass der Universitätsrat von sich aus Vorstellungen entwickelt und die Stellungnahme der universitären Gremien dazu einholt. Möglicherweise war der zur Debatte stehende Bericht ursprünglich so gedacht. Er ist nun ja auch einer inneruniversitären Vernehmlassung (allerdings von nur einem Monat!) unterbreitet worden. Aber der sprachliche Gestus des Berichts und wie er präsentiert wurde sprechen eine völlig andere Sprache. So liest man im Bezug auf die Schliessungen: «Allerdings kündigt der Universitätsrat an, dass er im Hinblick auf die Konzentration der Mittel die Ausbildung im Slawischen Seminar nicht weiterzuführen gedenkt.» (S. 16) «Darum wird die Aufhebung des Studiengangs und des Instituts (Astronomie) angestrebt.» (S. 18) «Bezüglich der Erdwissenschaften wird die Schliessung des Studiengangs angestrebt.» (S. 19) So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass es aus dem Wald entsprechend zurücktönt.

 

Verabschiedung des «Portfolio»-Denkens

Wie könnte das zerschlagene Geschirr wieder gekittet werden? Meines Erachtens nur so, dass der Universitätsrat seinen Bericht entschärft, indem er die Schliessungsanträge, für die ihm die Kompetenz abgeht, zurücknimmt und alles Übrige ausdrücklich als Anregungen möglicher Lösungen des anstehenden Finanzproblems im Hinblick auf eine Leistungsvereinbarung deklariert. Zugleich würden Fakultäten und Rektorat aufgefordert, innert einer für sie praktikablen, d. h. verlängerten Frist – und warum nicht in engem Kontakt mit dem Universitätsrat? – eigene Lösungsvorschläge auszuarbeiten, die einen vergleichbaren finanziellen Effekt hätten. Der Universitätsrat brauchte damit nicht zurückzukrebsen. Er würde lediglich aus seiner am Anfang des Berichts proklamierten verbalen Überzeugung gelebten Ernst machen: «Es gibt Fragen in der Universität, die von gleicher oder grösserer Bedeutung sind als die finanziellen.» (S. 5) Dazu gehört auch der Respekt vor denen, die die Universität ausmachen, den Studierenden, die dem Basler Lehrangebot vertrauen, den Dozierenden, die sich in so hohem Masse für «ihre» Universität engagieren. Das bedeutete freilich wohl auch die Verabschiedung jenes importierten «Portfolio»-Denkens, das den eigenen Gestaltungswillen der Universität zu lähmen droht und sich so offensichtlich desaströs auf Klima und Umgangsstil auswirkt.

Nicht minder dringend aber ist es, dass die beiden Trägerkantone der Universität die Alarmzeichen erkennen, welche der Bericht des Universitätsrates und die heftigen Reaktionen darauf darstellen, und sich möglichst bald darauf einigen, was sie zur Zukunft ihrer Universität beitragen können – und wollen.

Dabei ihr kompetenter Verhandlungspartner von Seiten der Universität zu sein und für die Bedürfnisse der Universität einzutreten, darin besteht die wichtigste Funktion des Universitätsrates.

 

Professor Karl Pestalozzi ist emeritierter Ordinarius für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Basel, deren Rektor er war.

 

 

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